Solarnative: „Weil Innovation in Großkonzernen tot ist …“

Ein Gespräch mit Julian Mattheis, dem Gründer des Startups Solarnative, darüber, warum er sich zutraut, die Solarbranche zu revolutionieren.

Julian, eure Firma mit dem Namen Solarnative gibt es erst seit Kurzem – der Name ist dabei Programm, haben wir gehört. Was genau bedeutet er?

Julian: Puh, da muss ich jetzt ein wenig ausholen! Henk und ich sind ja nicht mehr die Jüngsten, sondern haben beide schon unser Leben lang in der Solarbranche gearbeitet. Ich wollte schon als Jugendlicher „Solarzellen“ studieren und Henk hat bereits 1994 den ersten Mikro-Wechselrichter für Solarmodule entwickelt. Solar liegt uns quasi im Blut und wir haben unser Berufsleben komplett danach ausgerichtet und verschiedene Erfahrungen in jeweils unterschiedlichen Bereichen der Branche gesammelt. Daher der Name.

Eure geballte Erfahrung gibt euch also das Selbstvertrauen, ein Startup zu gründen, mit dem ihr die Solarbranche revolutionieren wollt. Die Solar- und Fotovoltaiktechnik gibt es ja aber nicht erst seit gestern. Wie ist hier denn noch eine Revolution möglich?

Julian: Stimmt, die Solartechnik hat schon ein paar Jahre Entwicklung hinter sich. Trotzdem ist da noch viel Luft nach oben. Die Technik kann noch viel effizienter und vor allem smarter werden. Daran arbeiten wir mit Hochdruck.

Julian Mattheis, Gründer und CEO mit Henk Oldenkamp, Gründer und CTO von Solarnative

Ihr beide wart vor der Gründung eures Startups in festen Anstellungen bzw. auch anderen eigenen Firmen eingebunden. Warum habt ihr den gemeinsamen Gründungsweg gewählt, um eure Vorstellungen von effizienter Solartechnik umzusetzen?

Julian: Ich hatte bei meiner vorherigen Beschäftigung viele Startups angeschaut und verschiedenste Businesspläne erstellt. Henks Mikro-Wechselrichter war einer dieser Businesspläne. Ich wusste, wie genial diese Technologie und wie riesig das Potenzial ist, aber auch, dass er Unterstützung bei der Umsetzung brauchen würde. Henk ist ein genialer Erfinder und ich habe Erfahrung im Aufbau von Startups. Mir war sofort klar, dass wir mit dieser Technologie die solare Stromerzeugung deutlich günstiger und einfacher machen würden, also auch einen signifikanten Beitrag zur Energiewende leisten können. Wir könnten damit sogar DEN neuen Standard für Fotovoltaikanlagen auf Wohngebäuden setzen!

Henks geniale Technik hat dir ausgereicht, um ins kalte Gründer-Wasser zu springen?

Julian: Ich habe in einigen großen Firmen gearbeitet und als externer Berater viele große Firmen gesehen. Die Probleme waren immer gleich: Die Entscheider hatten nie richtig Ahnung, worum es ging, und haben sich immer vor Entscheidungen gedrückt. Meine Erkenntnis daraus ist, dass Innovationen in Großkonzernen tot sind. Im eigenen Startup ist das anders: Hier entscheiden die Know-how-Träger selbst. Dadurch sind die Entscheidungsprozesse sehr kurz und extrem effizient. „Speed of execution“ ist einfach gigantisch. Im Konzern gibt es Meetings, bei uns gibt es Taten.

Der Wille war bei euch beiden also von Anfang an da. Wie sah es mit den finanziellen Mitteln aus?

Julian: Tatsächlich lief die Finanzierungsrunde anfangs recht holprig, auch weil coronabedingt viele Investoren mit ihren vorhandenen Startup-Portfolios beschäftigt waren, die sich teilweise in Schieflage befanden. Schließlich haben wir unsere Strategie geändert und die Dinge selbst in die Hand genommen. Wir wollten uns nicht mehr ausbremsen lassen, sondern haben auf die geballte Kraft von Kleinanlegern gesetzt, die in sogenannten Investoren-Pools organisiert sind. Mit diesem Ansatz waren wir überaus erfolgreich und sind ganz begeistert von der riesigen Resonanz und dem Vertrauen, das in uns gesetzt wird.

Mit welcher Vision für die Zukunft der Solarbranche schafft ihr es, dieses Vertrauen in euch zu bestärken?

Julian: Unser übergeordnetes Ziel ist es, Solarstrom so kostengünstig wie möglich zu machen, denn Fotovoltaik wird neben der Windkraft der Hauptpfeiler der Energiewende sein. Mit kleinen verteilten Anlagen auf kleinen Häuschen kommt auch noch ein dezentraler, demokratischer, sogar etwas subversiver Gedanke dazu: Die Energieerzeugung wird in die Hände der Menschen gelegt und nicht in die verknöcherten Strukturen von Energiekonzernen. Da gibt es gewisse Parallelen zur Startup-Welt. Wenn man so will, setzen unsere Wechselrichter diesen Gedanken konsequent fort, denn statt einem großen haben wir viele kleine, wir demokratisieren gewissermaßen die Solaranlage.

Ist es das, was die Module am Ende auch effizienter und smarter werden lässt?

Julian: Im Prinzip ja. Solarmodule auf dem Dach erzeugen Gleichstrom, der anschließend von einem Wechselrichter – ein großer Kasten, der normalerweise im Keller hängt – in Wechselstrom umgewandelt wird. Solch ein großer Wechselrichter kann allerdings immer nur die Gesamtanlage steuern und das ist in vielen Fällen suboptimal. Wir hingegen fertigen und vertreiben sehr kleine sogenannte Mikro-Wechselrichter, die in jedes einzelne Solarmodul integriert werden und damit jedes Modul einzeln steuern. Mit diesem Ansatz können die meisten Fotovoltaikanlagen deutlich mehr Strom erzeugen als mit einem zentralen Wechselrichter im Keller.

Interview und Text: Petra Romero

Dies ist ein Artikel aus PLANET P. – unserem hauseigenen Print-Magazin für alle, die inspirierende Geschichten über Menschen lieben, die ihren Traum leben und dabei die Normalroute verlassen.

MEHR GESCHICHTEN